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Eine Drachengeschichte

I

Alles begann mit Giesebert dem Grimmigen, später genannt Giesebert der Lindwurmstecher oder, von seinen Untertanen, Giesebert der Wurmstichige. An einem schönen Frühlingstag im Jahre des Herrn 917 zog er aus, um einen Drachen zu erschlagen. Nicht, daß er Drachen gehaßt hätte, eher im Gegenteil. Ein Wesen, das seine Nachbarn durch pure Anwesenheit davon überzeugte, daß es besser wäre, ihm freiwillig zu jedem vollen Mond eine Jungfrau zu übergeben, als seinen Zorn heraufzubeschwören, nötigte ihm als Feudalherrn einen gewissen Respekt ab. Überwiegend waren sie ihm allerdings gleichgültig. Aber in eben jenem Jahr war Giesebert, in würdiger Tradition seiner Ahnenreihe, wieder einmal Pleite, und weder mit Silberzungen noch mit Daumenschrauben ließen sich seine Bauern überreden, schon wieder einen Beitrag zur Sanierung der fürstlichen Schatztruhe zu leisten. Da Giesebert es sich jedoch in den Kopf gesetzt hatte, statt des alten Herrenhauses endlich eine seines Standes würdige Burg zu errichten, mußte er sich eine andere Geldquelle suchen. Der Drache von Greifenstein kam ihm da gerade recht, mußte er doch, wie alle seine Artgenossen es bekanntlich tun, auf einem Hort von Gold sitzen.

Giesebert kam zur rechten Zeit, als wieder eine Jungfrau dem Ungetüm zum Fraß vorgeworfen werden sollte. Die Bevölkerung jubelte, als Giesebert voll gerüstet in die Schlacht zog, und blieb in sicherem Abstand zurück, als ein Zittern des Bodens das Nahen des Lindwurms ankündigte. Die Jungfrau hatte man trotzdem sicherheitshalber am üblichen Pfahl angebunden, um gegebenenfalls einen schnellen und glaubwürdigen Seitenwechsel vollziehen zu können. Schon beim ersten Blick auf das riesige Tier konnte der Ritter diese Vorsichtsmaßnahme sehr wohl verstehen. Baumhoch ragte der gehörnte Kopf des Drachen über Giesebert auf, und der lange, messingschuppige Hals erweckte nicht den Eindruck, als ob das Schwert ein geeignetes Werkzeug wäre, um ihn zu durchtrennen. Es wurde ein langer und blutiger Kampf, und um Haaresbreite hätte der Wurm ihn gewonnen. Nur zufällig traf die längst stumpfe Klinge die einzig empfindliche Stelle des Untieres, und nach einem letzten feurigen Atemzug brach der riesige Leib neben dem tapferen Ritter zusammen.

Giesebert war zu schwach, um zu jubeln. Mühsam zog er den verbogenen Helm von der verbeulten Rüstung, wischte die letzten versengten Reste seiner Haare von seinem krebsroten Kopf, und betrat die Drachenhöhle, um seinen Reichtum in Besitz zu nehmen.

Doch da war kein Schatz. Kein Stückchen Gold, kein Diamant, kein Silber, nicht einmal eine jämmerliche Kupfermünze. Verzweifelt suchte Giesebert in jedem Winkel der Grotte, aber er fand nichts außer ein paar zernagten Knochen. Der Drache sank deutlich in seiner Achtung. Warum mußte ausgerechnet er an ein so dämliches Exemplar geraten? Die Welt war ungerecht.

Er wollte sich schon zum Gehen wenden, da sah er es. Es lag mitten in der Höhle, aber Giesebert hatte es zuerst für einen Felsen gehalten. Aber es war ein Ei! Wütend schlug er darauf ein. Diesem knauserigen Mistvieh würde er es schon zeigen. Doch das Schwert zerbrach, die Streitaxt wurde schartig, und auch der Morgenstern zeigte keine Wirkung. Atemlos gab er auf.

Das Volk jubelte Giesebert zu. Als er jedoch seinen Lohn verlangte, wurde es still. Er dürfe sich vom Hort des Drachen nehmen, soviel er tragen könne, beschied man ihm großzügig. Alles Lamentieren nützte nichts, er ging leer aus. Ja man überredete ihn sogar, das Ei mitzunehmen. Gewiß habe es magische Kräfte, heile Krankheiten, schütze gar vor Unheil und dem bösen Blick, versicherte man ihm. Überzeugen ließ sich Giesebert schließlich, als ihm vorgeschlagen wurde, man könne das Drachenei in die Fundamente einer Burg einbauen, um sie unbezwingbar zu machen. So kehrte Giesebert auf einem Eselskarren anstelle des vom Ungeheuer gefressenen Schlachtrosses heim, und mit einem riesigen Ei. Die Jungfrau nahm er selbstverständlich ebenfalls mit. Sie wurde seine Gemahlin, und Giesebert wünschte sich bald, er hätte sie dagelassen.

Burg Drachenstein wurde schließlich doch gebaut, auch wenn sich Giesebert das Geld nun von einem Wucherer beschaffen mußte. Das Lindwurmei, von einem wandernden Magier mit einem Schlafzauber versehen, diente als Grundstein. Dort blieb es und geriet in Vergessenheit. Ein Jahrtausend verging, und alle glaubten, die Geschichte sei zu Ende.

II

Amadeus von Drachenstein blickte mißmutig von seinem mit Rechnungen bedeckten Schreibtisch auf. Er fühlte sich hoffnungslos überfordert, seit er im letzten Jahr, nach dem frühen Tod seines Vaters, Burgherr geworden war. Viel lieber hätte er sich wieder seiner Musik zugewandt, aber seine Pflichten verlangten, daß er sich auch um finanzielle Dinge kümmerte. In würdiger Tradition seiner langen Ahnenreihe war er wieder einmal pleite. Und gerade war wieder dieses beunruhigende Zittern durch die Burg gegangen. Es kam vom alten Ostturm, dem ältesten Teil von Burg Drachenstein. Giesebert der Lindwurmstecher selbst sei es gewesen, der ihn hatte errichten lassen, so behaupteten die alten Chroniken. Alt und baufällig genug war er jedenfalls. Und seit einigen Tagen waren da nun diese merkwürdigen Erschütterungen. Im Ostturm fiel der Putz von den Wänden, und mancher Besucher hatte bereits eiligst das darin untergebrachte Museum verlassen.

Das Drachenmuseum war die beste und, um ehrlich zu sein, die einzige Einnahmequelle derer von Drachenstein. Lindwürmer waren modern, und auch wenn seit Jahrhunderten niemand mehr an sie glaubte, übten sie noch immer eine lukrative Anziehungskraft aus. Zahlreiche Besucher, Städter hauptsächlich, drängten sich an jedem Wochenende durch die engen, niedrigen Räume des Gemäuers und bestaunten vermeintliche Drachenzähne, die Rüstung des Drachentöters, alte Dokumente, Bilder und ein Goldstück aus einem Drachenschatz. Dazu lauschten sie den alten Legenden, die der Führer, der gebrechliche Verwalter Horatio, mit geheimnisvoller Stimme erzählte.

Doch in letzter Zeit brachte das Museum kaum mehr als den eigenen Unterhalt, und dann war da auch noch das Zittern. Der Turm hätte seit Jahren renoviert werden müssen. Amadeus hatte einen Baumeister zu konsultieren versucht, doch der hatte gleich abgewunken und Amadeus an längst überfällige Rechnungen vergangener Ausbesserungsarbeiten erinnert.

Und wieder erbebte Burg Drachenstein, diesmal heftiger als zuvor. Nur gut, daß es Abend war und das Museum bereits geschlossen hatte. Jetzt rieselte der Putz sogar hier auf seinen Schreibtisch, und es polterte bedrohlich. Amadeus blickte aus dem Fenster seines Arbeitszimmers im Westturm hinüber auf den alten Teil der Burg. Er traute seinen Augen nicht. Der Ostturm war verschwunden. Nur ein Schutthaufen markierte die Stelle, wo er einst gestanden hatte.

Nachdem er sich vom ersten Schrecken erholt hatte, eilte Amadeus hinunter. Auf der langen Wendeltreppe hoffte er noch, alles könne sich als Irrtum erweisen, als Illusion durch die überreizten Nerven, aber er wurde bitter enttäuscht. Der Staub hatte sich noch nicht gesetzt, und Amadeus mußte husten.

Der Verwalter war völlig aufgelöst. Er habe gerade das Museum verlassen und die Tür geschlossen, als der Turm ins Wanken geraten war. Dabei habe er sie wirklich nicht fest zugeschlagen, versicherte er immer wieder. Zum Glück war niemand mehr im Gebäude gewesen. Die letzte Gruppe neuenglischer Touristen hatte das Drachenmuseum kurz zuvor verlassen und war in die wartende Reisekutsche gestiegen. Amadeus atmete erleichtert auf.

Und er habe sie wirklich nur ganz sanft ins Schloß gedrückt, fügte Horatio beschwörend an.

Amadeus antwortete nicht. So standen die Bewohner von Drachenstein, der Schloßherr, der Verwalter und Martha, die Haushälterin, ratlos und schweigend vor den Trümmern ihrer letzten Einnahmequelle. Das war das Ende. Sie waren bankrott.

Polternd brach ein letzter aufrechter Mauerrest in sich zusammen. Ein Stein rutschte ab, und ein mahlendes Geräusch erklang, als rieben Felsblöcke aneinander. Stürzten nun auch die Kellergewölbe und Fundamente ein? Oder war es auch um den Rest der Burg geschehen? Angstvoll blickten die drei sich um. Im Hof war alles still. Dann war da wieder das Schaben. Es kam eindeutig aus den Überbleibseln des Turms. Nun bewegte sich etwas. Ein Brocken kollerte herunter und blieb vor Amadeus' Füßen liegen. War doch jemand in der Ruine eingeschlossen?

Horatio wurde losgeschickt, um eine Schaufel zu suchen, während Martha und Amadeus, der von Werkzeugen und ähnlichen praktischen Dingen keine Ahnung hatte, besorgt das Geschehen am Schutthaufen beobachteten. Es sah tatsächlich so aus, als versuche jemand, sich nach oben zu wühlen. Noch ein Mauerstein wurde herabgestoßen, als habe jemand von unten dagegen gedrückt, dann kam der ganze Haufen im Bewegung. Eine neue Wolke von Staub wurde aufgewirbelt, und der nunmehr mit Spaten und Spitzhacke bewaffnete Horatio kam gerade rechtzeitig zurück, um eine seltsame Gestalt aus den Trümmern auftauchen zu sehen. Zuerst kam der Kopf zum Vorschein, mit einem großen Maul, Stacheln am Hinterkopf und prächtigen, goldenen Augen. Die Vorderbeine waren häutige, klauenbewährte Flügel. Schließlich zog das Tier, das wenig über zwei Ellen lang war, seinen langen Schwanz hervor. Es schüttelte das letzte Gesteinsmehl ab, und die bronzenen Schuppen glitzerten im Sonnenlicht. Dieses Wesen war eindeutig ein Drache.

Amadeus starrte das Untier ratlos an. Es gab keine Lindwürmer, das wußte jedes Kind. Andererseits war ein Irrtum unmöglich. Er war da. Was sollten sie nun mit einem nicht existierenden Ungeheuer anfangen?

„Wir könnten einen Drachenzoo eröffnen“, schlug die praktisch denkende Martha sogleich vor. „Der brächte mehr ein als das alte Museum.“

Für einen Moment wollte Amadeus begeistert zustimmen, doch dann fiel ihm wieder ein, wer den Turm zum Einsturz gebracht hatte. Wie sollte man einen Drachen einsperren? Oder war es gefährlicher, ihn frei herumlaufen zu lassen? Wie groß wurde er überhaupt? Andererseits, ein Zoo wäre die Rettung für Drachenstein. Es wurde Amadeus schmerzlich bewußt, wie wenig er über Ungeheuer wußte. Waren sie im Biologieunterricht nicht behandelt worden, oder hatte er nur nicht aufgepaßt? Nachdem er sich vergewissert hatte, daß die Flügel des Tieres noch klein und die Mauern der Burg robuster als die des ehemaligen Ostturmes waren, schickte er Horatio, die Tore zu schließen und die Zugbrücke hochzuziehen. Er selbst begab sich in die Bibliothek.

Seit Urzeiten hatten sich dort Bücher über alle nur erdenklichen Themen angesammelt. Beim Stöbern in den hohen Regalen hatte Amadeus schon so manches Kuriosum entdeckt, und er glaubte, sich auch an ein Werk über Drachen erinnern zu können. Oder waren es mehrere? Aber warum hatte er nicht hineingeschaut? Wie auch immer, bestimmt würde sich ein Werk über das Wappentier der Familie finden.

Sorgfältig ging er Titel um Titel durch, darauf bedacht, nichts Wichtiges zu übersehen. Immer wieder mußte er den Staub von den Buchrücken wischen, um die verblaßte Schrift entziffern zu können. Endlich, in der letzten Reihe, fand er das Gesuchte. Die rissigen Ledereinbände waren mit goldenen Lettern versehen, und sie mußten wahrhaft uralt sein. 'Dracologia Generala' war der erste Band betitelt, und daneben standen 'Dracologia Speciala', 'Dracometria', 'Draconomia', 'De Serpentibus Et Draconum Historiae' und schließlich sogar 'Dracomantika'. Deshalb hatte er sie also nicht beachtet. Er verstand weder Latein noch Griechisch.

Amadeus war aufs neue ratlos. Es blieb ihm nur noch, einen Spezialisten zu konsultieren, auch wenn es ihm ein wenig peinlich war, um Rat für die Pflege eines Fabelwesens zu fragen. Schweren Herzens griff er also zum Telefon, drehte an der Kurbel und ließ sich mit der Universität verbinden, wo er den Magister Dracologicum zu sprechen verlangte.

Er mußte seine Bitte zweimal wiederholen, bis man ihm, nicht ohne spöttischen Unterton, beschied, der Lehrstuhl für Dracologie sei vor über zweihundert Jahren aufgelöst worden. Niemand verschwende seine Zeit damit, nicht existierende Märchengestalten zu erforschen. Amadeus von Drachenstein war mehr als enttäuscht. Schließlich war es sein Vorfahr Theophil der Reiche gewesen, der mit einer großzügigen Stiftung, die ihn zu Theophil dem Armen gemacht hatte, die Gründung des dracologischen Instituts ermöglicht hatte. Und nicht genug damit, seitdem hatten die Drachensteins über alle Generationen hinweg das Institut mit einer jährlichen Zuwendung bedacht, so bescheiden sie auch im Laufe der Zeit geworden sein mag. Aber es war eine Sache der Familienehre, und Amadeus beschloß, sich bei Gelegenheit über den Verbleib des Geldes zu informieren. Zunächst allerdings ließ er sich zum Magister Serpentologicum durchstellen, nachdem er in einer ausgiebigen Diskussion mit einer engstirnigen Telefonistin zu dem Schluß gekommen war, daß Schlangen den Drachen noch am nächsten kamen.

Der Magister sei nicht anwesend, teilte ihm eine freundliche Frauenstimme mit und fragte, ob sie ihm weiterhelfen könne. Amadeus erläuterte sein Problem und erntete verdutztes Schweigen. Mehrmals beschrieb er das Tier in seinem Burghof, und von Mal zu Mal wurde er ungeduldiger. Das fragliche Wesen sehe zwar aus wie ein Drache, bestätigte die Frau am anderen Ende der Leitung schließlich, um aber sogleich anzufügen, daß es keiner sein könne, da es Drachen nicht gäbe. Amadeus legte wütend den Hörer auf.

Unten auf dem Hof klapperte etwas. In Erwartung des Schlimmsten stürzte Amadeus ans Fenster. Doch es war nur eine alte, mit einer Lanze bewaffnete Ritterrüstung, die mit unsicherem Gang entlang der Trümmer patrouillierte. Es mußte Horatio sein.

Das inexistente Ungeheuer auf dem Schutthaufen verfolgte jede Bewegung des einsamen Wächters. Der junge Drache war verwirrt, spürte, daß hier etwas nicht stimmte, wußte aber nicht, was es war. Sein angeborenes Wissen war groß, aber es reichte nicht aus. Offensichtlich war dies keine normale Situation für einen frisch geschlüpften Drachen. Das seltsame, scheppernde Wesen konnte nicht seine Mutter sein, aber eßbar schien es auch nicht. Er mußte es weiter beobachten.

Am nächsten Morgen war das Tier noch immer dort. Amadeus hatte Horatio abgelöst, und auch er hatte sich sicherheitshalber angemessen gepanzert. Rüstungen waren, seit vor einem Jahrhundert die automatische Schnellfeuerarmbrust erfunden worden war, völlig aus der Mode gekommen, und so war der urgroßväterliche Harnisch entsprechend rostig und schlecht gepflegt. Amadeus wog den schweren Spieß in der Hand und fragte sich, wie man wohl mit diesem Ding umging. Für das Waffenhandwerk hatte er sich, sehr zur Sorge seiner Eltern, nie interessiert, und modernere Waffen gab es auf der Burg nicht. Ihm war ausgesprochen unwohl in seiner Haut, in der quietschenden, unbequemen Rüstung, und ständig beäugt von dem unheimlichen Tier.

Das Visier klappte wieder einmal herunter, und als Amadeus es endlich wieder gelöst und angehoben hatte, galt sein erster besorgter Blick dem Lindwurm. Aber er hatte sich nicht bewegt, und seine goldenen Augen waren noch immer auf den Ritter gerichtet. Amadeus atmete erleichtert auf. Er war im Laufe der Nacht immer schreckhafter geworden, und es war an der Zeit, die Wache wieder an Horatio zu übergeben.

Die Glocke am Burgtor läutete. Amadeus ließ die Brücke herab, kurbelte das Fallgatter hoch und öffnete die Sichtklappe in der Tür. Er erblickte das Gesicht einer ihm unbekannten jungen Frau, mit grauen Augen hinter einer dünnen, runden Brille, und dunkelblonden Haaren. Sie trug ein Stirnband mit einem silbernen Drachen. Noch eine Märchengestalt?

„Was seid, äh, ich meine, was wünscht Ihr?“fragte Amadeus leicht irritiert. Der Helm ließ seine Stimme blechern klingen.

„Ich muß mich wohl geirrt haben." Die Besucherin trat einen Schritt zurück. „Haben Sie gestern in der Universität angerufen wegen eines - äh - Tieres?“

Amadeus erkannte sie an ihrer Stimme. Sie war es gewesen, die ihm am Vortag erklärt hatte, daß es keine Drachen gäbe und er sich infolgedessen irren müsse. Ihm wurde bewußt, daß er auf sie wie ein Verrückter wirken mußte. „Seid Ihr die Sekretärin des Magister Serpentologicum? Wann kommt er?“

„Nein. Gar nicht.“Sie stellte sich als Studentin der Ars Biologica vor, die mit dem Bürodienst lediglich ihr Kafög, das nicht gerade fürstliche Königliche Ausbildungsförderungsgeld, aufbesserte und nicht einmal in des Magisters Auftrag gekommen war. Ihr Name war Annabella. „Aber Drachen faszinieren mich schon immer. Kann ich mir das Tier einmal ansehen?“

Der Herr von Drachenstein war enttäuscht, aber er öffnete die Tür und ließ sie ein. Er führte sie über den Hof und wies auf den Schutthaufen. Aber der Platz war leer. Amadeus ließ entsetzt die Lanze fallen.

„Ich glaube, ich gehe besser wieder“, seufzte Annabella.

„Nein, bitte nicht!“Er beschloß, zunächst einmal die Rüstung abzulegen, um sich nicht ganz zum Narren zu machen. Er nahm den Helm ab und schüttelte die langen blonden Haare aus. „Bestimmt, er war eben noch hier. Ich versichere ihnen…“

Lautstarkes Zetern und Gackern aus dem Hühnerstall unterbrach seine Verteidigung. Die beiden rannten zu dem hölzernen Schuppen herüber, wo sie gerade noch Zeugen des Todes eines Huhns wurden. Inmitten der verstreuten Federn saß das Ungeheuer und begann, sein Opfer zu verspeisen. Zwischen zwei Bissen wendete er den Kopf zu seinen Beobachtern, fauchte kurz, aber bedrohlich, und widmete sich wieder seiner Mahlzeit.

Annabella stand mit offenem Mund da. Es dauerte eine Weile, bis sie die Sprache wiederfand. „Aber - aber das ist ja ein Drache!“

„Ja, was glauben Sie denn, warum ich angerufen habe?“ entgegnete Amadeus gereizt.

Nachdem er seinen Hunger fürs erste gestillt hatte, begab sich der Lindwurm wieder auf seinen sonnigen Ruheplatz. Amadeus und Annabella beobachteten ihn vom Wehrgang an der Burgmauer aus.

„Er sieht irgendwie friedlich aus“, stellte sie fest.

„Er scheint sich eher beängstigend sicher zu fühlen.“

„Aber er ist wunderschön!“

„Er hat den Turm zerstört und meine Hühner gefressen.“

„Schließlich war er eingemauert, und er hatte Hunger.“

Amadeus schüttelte den Kopf. Er hatte eigentlich hilfreiche Ratschläge zur Haltung oder, je nach dem, auch Bekämpfung erwartet. Annabella jedoch, die zwar Drachen in jeder Form sammelte, aber bis vor einer Stunde selbst nicht an die Existenz eines solchen Wesens geglaubt hatte, konnte nur mit Legenden und alten Geschichten aufwarten.

„… und das mit den Jungfrauen halte ich für Unsinn“, schloß sie ihre Zusammenfassung.

„Vielleicht sind ja einfach junge Frauen gemeint“, schlug ihr Gesprächspartner vor. „ Wahrscheinlich sind die am zartesten.“

„So ein Unsinn!“ Ihre Worte klangen nicht wirklich überzeugt, und sie blickte das Tier mißtrauisch an. „Wir sollten ihn füttern, bevor er sich selbst etwas sucht. Vielleicht können wir ihn dann sogar zähmen.“

Begeistert von dieser Idee gingen Annabella und Amadeus in die Küche, um etwas Geeignetes zu suchen. Martha protestierte lautstark, aber vergebens, als sie alle Schränke und Vorratskammern auf den Kopf stellten. Doch trotz aller Mühe war die Ausbeute enttäuschend. Mit einem Ring Wurst, einem Kohlkopf, einer Schachtel Hundefutter und bedeutend weniger Optimismus als zuvor wollten die beiden gerade wieder nach draußen gehen, als vom Hof her erneut Lärm erklang.

Sie stürzten zum Hühnerstall, aber dort war alles friedlich. Verwirrt sahen sie sich um. Wo war das Untier? Wieder schepperte etwas, und dann jaulte ein Hund.

„Fridolin!“ rief Amadeus entsetzt aus, ließ die Wurst fallen und rannte zum Zwinger des altersschwachen Hofhundes. Er kam zu spät. Nur ein Bein Fridolins schaute noch aus dem Maul des Drachen, der ihnen durch das zerfetzte Gitter entgegen kam.

Amadeus war entsetzt. „Das reicht! Wir müssen ihn erschießen!“

Annabella stellte sich furchtlos zwischen ihn und das Ungeheuer. „Das dürfen Sie nicht tun! Er ist der einzige seiner Art, und der Beweis, daß die Drachenflügel den Vorderbeinen entsprechen. Und es gehört zu seiner Natur, andere zu fressen.“

Das Untier beachtete die beiden gar nicht. Der Burgherr sah der zufrieden über den Hof trottenden Bestie sorgenvoll nach. Was würde sie wohl als nächstes anrichten?

Der Drache war inzwischen wesentlich selbstsicherer geworden. Offensichtlich waren die beiden Menschen nicht gefährlich. Das Weibchen machte sogar einen recht freundlichen Eindruck. Trotzdem sagte ihm sein Instinkt, daß er sich einen besseren Platz zum Leben und Jagen suchen mußte, sobald seine Flügel kräftig genug waren. Bis dahin brauchte er ein Versteck hier in der Burg. Er schluckte genüßlich das letzte Stück Hundebein und sah sich um. Dort am Haus führte eine Treppe hinab zu einem dunklen Loch. Er ging hinüber und sah hinein. Der Eingang war in den Felsen gehauen und mit einer hölzernen Tür versperrt. Mit seinen Klauen versuchte er sie zu öffnen, doch sie war verschlossen. Die Krallen hinterließen tiefe Spuren im Holz, aber die Tür hielt stand. Nun gut, das war also eine Gelegenheit, eine typische Kunst seiner Art zu erproben. Er atmete tief durch, holte noch einmal Luft, und blies eine kräftige Flamme gegen das Hindernis. Zufrieden beobachtete der Drache, wie das Feuer die Bretter verzehrte und ihm seinen Weg bahnte. Kühle Luft schlug ihm entgegen, als er eintrat. Die Höhle war geräumig und gemütlich. Hier konnte er vorerst bleiben.

Entsetzt sah Amadeus zu, wie das Monstrum in den Weinkeller eindrang, während Annabella beim Anblick der Stichflamme aus dem Maul des Drachen vor Begeisterung fast gejubelt hätte. Der Rauch schwärzte die Fassade des Südflügels, die letzten Stücke des brennenden Türrahmen brachen in sich zusammen, und aus dem Keller drang das Klirren von Glas.

„Es reicht, ich rufe den Kammerjäger!" verkündete der Burgherr wütend.

„Und was wollen Sie ihm erzählen?" fragte Annabella lächelnd.

„Daß …“, begann Amadeus und brach wieder ab. „Nichts“, seufzte er.

„Ich glaube, die Lage ist sogar noch viel komplizierter. Ich habe es gestern extra noch einmal nachgelesen. Im Jahre 1752 wurde der Lehrstuhl des Magister Dracologicum per königlichem Erlaß aufgelöst, weil es keine Drachen gibt. Also ist die Nichtexistenz von Lindwürmern praktisch Gesetz, und damit können sie auch nicht unter jagbares Wild fallen. Auf sie zu schießen ist also verboten.“ Im weiteren bewies sie dem ratlosen Amadeus mit zwingender juristischer Logik, daß man ein de jure inexistentes Wesen weder vertreiben noch einsperren oder sonstwie stören dürfe. „Es bleibt also nur, abzuwarten und zu beobachten.“

Dem Herrn von Drachenstein blieb vorerst nur das Abwarten, während sich die Studentin auf das Beobachten konzentrierte. Von einem bequemen Platz auf der Mauer aus vermerkte sie jede Bewegungen des Drachen und hielt ihn in zahlreichen Skizzen und kunstvollen Zeichnungen fest. Horatio servierte ihr regelmäßig frischen Tee und Gebäck, während Amadeus jeden Besuch des Ungeheuers im Hühnerstall nutzte, um wenigstens einige der kostbarsten alten Flaschen aus dem ehemaligen Weinkeller zu bergen.

Es kam wie es kommen mußte, und bei einer seiner Rettungsaktionen wurde er vom Drachen überrascht. Annabellas Warnrufe kamen zu spät, und als Amadeus den Keller verlassen wollte, stand er auf der Treppe dem Untier gegenüber. Es knurrte bedrohlich. Erschrocken ließ er die exzellente blaue Spätburgunder Trockenbeerenauslese, Wildenheimer Eberberg Jahrgang 1864, fallen. Sie kullerte noch unversehrt eine Stufe nach unten, drehte eine letzte Pirouette und zersprang beim zweiten Aufschlag in tausend Splitter. Der Knall lenkte die Bestie für eine entscheidende Sekunde ab, und mit einem gewagten Sprung brachte sich Amadeus in Sicherheit, bevor ein lodernder Flammenstoß die Stelle traf, an der er eben noch gestanden hatte. Die Beobachterin auf der Mauer zeichnete alles gewissenhaft auf. Der Drache beschloß, fortan vorsichtiger zu sein.

So kam es, daß sich das Ungeheuer Horatio in den Weg stellte, als der das nächste Mal den über der Höhle des Lindwurms gelegenen Südflügel betreten wollte. Sein Blick allein genügte, um ihm und den anderen Bewohnern von Drachenstein klar zu machen, daß dieser Teil der Burg nunmehr für sie tabu war. Doch damit nicht genug. Als nach zwei Tagen der Hühnerstall geleert und die Küche geplündert war, bekamen es die Drachensteiner wirklich mit der Angst zu tun. Doch statt sie zu fressen, setzte sich der Lindwurm nur vor das geschlossene Burgtor und wartete. Amadeus öffnete, um neuen Verwüstungen zuvorzukommen, eilig das Gatter und ließ die Brücke herunter. Er begann, sich zu fragen, wer nun eigentlich Herr auf dem Sitz seiner Ahnen war. Der Drache hingegen verließ zufrieden den Hof und begab sich von nun an regelmäßig zur Jagd in die Wälder unter der Burg.

Annabella war indessen weiter beschäftigt, von ihrem luftigen Beobachtungsposten aus den Grundstein einer neuen Dracologie zu legen. Jedes Detail, die Länge der Nackenstacheln, die Zahl der Zehen, die Größe und Form der Schuppen und vieles mehr wurde sorgsam notiert, bis schließlich nach einer Woche ausreichend Material für die wissenschaftlich gültige Neubeschreibung der Spezies Flamodraco drachensteinensis vorhanden war. Annabella war zufrieden. Nun konnte sie den Magister Serpentologicum über die sensationelle Entdeckung informieren. Sie kletterte von ihrem Hochsitz und ging zum Telefon.

Ihr Studienobjekt hatte jedoch andere Pläne. Es räkelte sich in seiner Höhle, richtete sich auf, streckte sich und breitete die Schwingen aus. Zur Probe schlug der Drache einmal mit den Flügeln, und der Luftstoß wehte eine Anzahl Flaschen aus den Regalen. Sehr gut. Sie mußten nun endlich kräftig genug sein, um ihn zu tragen. Er begab sich ins Freie und suchte einen Startplatz für seinen ersten Probeflug. Der große Balkon schien ihm hervorragend geeignet zu sein, und er begann, die Fassade des Hauptgebäudes zu erklettern. Der verwitterte Sandstein bot seinen Klauen guten Halt. Hin und wieder bröselte ein Stück herunter. Martha schrie auf, als sie ihn am Fenster vorbeikommen sah. Er beachtete sie nicht.

Auf dem Sims angelangt, sah der Drache zum ersten Mal die Landschaft hinter den Mauern und Wäldern der Burg. Eine sanfte Brise trug neue Geräusche und ungekannte Gerüche zu ihm. Er spreizte die Schwingen und spürte den Wind. Der Drache brüllte vor Freude. Dann sprang er hinab, und der erste Flügelschlag trug ihn hinauf in die Luft. Es funktionierte, er flog! Immer höher ließ er sich tragen, schlug einen übermütigen Salto, drehte sich und tanzte mit dem Zephir. Dies war seine Welt, und sie stand ihm offen. Ein letztes Mal kreiste er über dem Hof, dann wandte er sich den fernen Bergen und der untergehenden Sonne zu.

Annabella und Amadeus sahen ihrem Drachen wehmütig nach, als er wie ein großer, eleganter Vogel im Abendrot verschwand.

„Wunderbar!“ sagte sie ehrfurchtsvoll, und eine Träne rollte über ihre Wange.

Er nickte.

Daß sie dem Magister am nächsten Morgen eine plausible Lügengeschichte erzählen mußte, störte Annabella nicht. Sie hatte einen wahrhaftigen Drachen fliegen gesehen, und das war das Großartigste, was sie sich vorstellen konnte. Sie war glücklich, und alle glaubten, die Geschichte sei zu Ende.

III

Jahre vergingen, und auf Burg Drachenstein kehrte der Alltag zurück. Mit geliehenem Geld war das Museum unter Annabellas Leitung wieder aufgebaut worden, und mehr schlecht als recht hatten sie sich über Wasser gehalten. Aber nun war auch das vorbei.

Amadeus blickte mißmutig von seinem wie üblich mit Rechnungen bedeckten Schreibtisch auf. In würdiger Tradition seiner langen Ahnenreihe war er wieder einmal pleite. Vom Fenster aus konnte er das Heer der Belagerer auf dem Feld vor der Burg sehen. Über den bunten Zelten wehten die Banner des Gerichtsvollziehers und seiner zahlreichen Gläubiger. Lagerfeuer brannten auf dem zertrampelten drachensteinschen Gemüseacker, und hin und wieder drangen Fetzen von Saufliedern und Gelächter bis hinauf zu Amadeus. Horatio patrouillierte in voller Rüstung im Wehrgang über dem Tor, aber die Feinde beachteten ihn nicht. Alle wußten, daß die Besatzung der Burg aus nur vier Personen bestand, die bald vor Hunger aufgeben mußten.

Wütend wischte Amadeus die Papiere vom Tisch. Es hatte ohnehin keinen Sinn mehr, daran herumzurechnen. Er war bankrott, und das war das Ende. In wenigen Tagen würde er kapitulieren und Drachenstein den Wucherern übergeben müssen. Einige wenige Erbstücke, an denen er besonders hing, hatte er bereits sicher in dem alten Geheimgang verstaut, und wenn er Glück hatte, konnte er sie so retten. Den Rest würden sich diese gierigen Pfeffersäcke aufteilen oder versteigern, und die Burg seiner Ahnen würde an den Herrn von Düvelsberg fallen, der schon lange ein Auge darauf geworfen hatte.

Amadeus seufzte. Früher hatte er es sich immer gewünscht, frei und ungebunden durch die Lande zu ziehen, Minnelieder zu singen und im Stroh zu schlafen. Jetzt wurde sein Traum Wirklichkeit, und plötzlich war er lange nicht mehr so verlockend. Minneverse für Annabella konnte er sehr gut auf Drachenstein schmieden, und auf Stroh konnte er gut verzichten.

Er verwünschte das Ungeheuer, daß ihn vor nunmehr einem Jahrzehnt heimgesucht hatte. Mit der Zerstörung des Museumsturms waren die seit zahllosen Generationen sorgsam am Rande des Abgrundes ausbalancierten Familienfinanzen endgültig ins Rutschen geraten. Man sollte den Drachen zur Rechenschaft ziehen.

Ja, warum eigentlich nicht? Schließlich hatte Amadeus nichts mehr zu verlieren.

Vom ihrem Lindwurm, wie sie ihn liebevoll nannten, hatten die Bewohner von Drachenstein nur hin und wieder aus der Zeitung gehört. Alle Welt glaubte, er sei nur Spuk aus dem Sommerloch, aber sie wußten, daß er wirklich existierte. Begeistert und mit frischer Hoffnung schlug Amadeus nach, wo der Drache zuletzt gesehen worden war. Beim Abendessen unterbreitete er seinen Vorschlag den anderen.

„Amadeus, jetzt bist du vollkommen übergeschnappt!“ kommentierte Annabella.

„Vielleicht. Weißt du eine bessere Möglichkeit?“

„Er wird dich auffressen!“

„Mag sein. Kommst du mit? Wir können im Morgengrauen aufbrechen.“

Begeistert willigte Annabella ein.

In der Waffenkammer der Burg versorgten sie sich mit einem alten Schwert und Schild, einem rostigen Kettenhemd sowie Pfeil und Bogen. Martha rückte widerwillig die restlichen drei Taler aus der Haushaltskasse heraus und drängte den beiden den letzten Laib Brot auf, den sie in der Speisekammer finden konnte. Horatio und sie würden auch ohne ihn nicht schneller verhungern, insistierte sie, und die Reisenden mußte bei Kräften bleiben. Eine Laute komplettierte das Gepäck, und so machten sie sich früh am nächsten Tag auf den Weg. Der baufällige Geheimgang führte sie tatsächlich sicher in den Wald hinter den feindlichen Linien. Horatio und Martha blieben alleine zurück und hielten die Stellung gegen die Übermacht der Belagerer.

Annabella und Amadeus hielten sich vorsichtig abseits der Straßen, und erst am Abend wagten sie es, eine Linienkutsche anzuhalten. In der nächsten Stadt mußte der Herr von Drachenstein auf dem Marktplatz musizieren, um an Geld für die Weiterfahrt zu gelangen. Es reichte tatsächlich für zwei Fahrkarten, und mit dem Dampfzug ging es weiter nach Osten. Drei Tage ratterte der Waggon über holprige Gleise, durch Felder und Wälder, über Berge und Brücken, und erreichte schließlich die Endstation an der Grenze. Zerschlagen und rußgeschwärzt stiegen die beiden letzten Reisenden aus und sahen sich um. Die Häuser glichen eher Hütten, die Straßen waren morastig, und die Leute blickten finster. Erst als Amadeus sie nach der Abfahrtszeit der nächsten Kutsche nach Klagental fragte, lachten sie. Die beiden mußten ihre Reise zu Fuß fortsetzen.

„Du hast mir immer noch nicht verraten, was du vorhast, wenn wir ihn gefunden haben.“Annabella hatte diese Frage in den vergangenen Tagen schon oft gestellt.

Wie jedes Mal zuckte Amadeus mit den Schultern. Sie wußte ja praktisch nichts über das Tier. War es wirklich so intelligent, wie man es seiner Art nachsagte, verfügte es tatsächlich über einen Berg von Gold, aus dem man Schadenersatz einfordern konnte? Erst einmal mußten sie das Untier finden, der Rest würde sich irgendwie ergeben.

Die Landstraße führte durch eine weite, leere Steppe, vorbei an furchtsam niedergeduckten Ortschaften, verlassenen Gehöften und verängstigten Schäfern. Fast jeder von ihnen konnte seine eigene Geschichte über den Drachen erzählen. Seit er sich in den östlichen Bergen niedergelassen hatte, kam er nachts über die Ebene geflogen, riesig, wie ein glühender Komet, und holte sich Schafe, Rinder und Menschen. Sein Gebrüll, so berichteten die Hirten, ließe Steine zerspringen, sein Atem setze Bäume in Brand, und bei seinen Schritten erzittere die Erde. Immer größer wurde er in den Beschreibungen, immer bedrohlicher, und immer bunter. Einmal war er schwarz und vierbeinig, dann rot und leuchtend oder grün und schlangengleich.

„Könnte es sein, daß es hier eine ganze Herde von Lindwürmern gibt?“Gerade hatte sie die beängstigende Neuigkeit ereilt, daß bereits Hunderte von Rittern der Bestie zum Opfer gefallen waren, und Amadeus fühlte sich in seinem Kettenhemd zunehmend unwohl. Sein Mut sank beträchtlich.

„Ich glaube eher, daß es zu wenig Leute sind, die ihn wirklich gesehen haben. Vielleicht ist er gar nicht so schlimm“, versuchte Annabella ihn und sich selbst zu beruhigen.

„… und sein flammender Odem verzehrte sie, bevor sie ihn auch nur zu Gesicht bekamen“, klangen die Worte des alten Mannes in ihren Ohren nach.

Der neue Tag führte sie durch eine immer einsamere und rauhere Landschaft. Die Pfade wurden schmaler, und sie begegneten immer weniger Menschen. Diese jedoch zeigten in immer weniger verschiedene Richtungen, wenn Amadeus sie nach dem Weg zum Lager des Drachen fragte. Es gab keinen Zweifel, sie näherten sich ihrem Ziel. Am Mittag begegneten sie dem letzten Wanderer, und auch er wies in Richtung des Gebirges, das bedrohlich aus dem Dunst der Ferne aufragte. Ungehindert blies der Wind über das weite, steinige Ödland vor ihnen, und nichts, kein Baum und kein Dorf, stellte sich ihm in den Weg. Nur die Rufe der Krähen, die im verdorrten Steppengras nach Nahrung suchten, begleiteten Annabella und Amadeus.

Erst zu Füßen der Berge fand sich wieder lebendiges Grün. Dornige Büsche und windgebeugte Bäume, frisches Gras und Vogelgesang lösten die Einöde ab.

Amadeus hielt inne und blickte sich skeptisch um. "Wir müssen uns verirrt haben. Offensichtlich entfernen wir uns wieder vom Ungeheuer.“

„Ach was“, widersprach seine Begleiterin, „für diese Wüste sind die Ziegenherden der Bauern verantwortlich. Drachen leben mit der Natur, nicht gegen sie. Hier muß irgendwo Wasser sein.“

Tatsächlich stießen sie bald auf ein Flüßchen, dessen graublaues Gletscherwasser durch ein breites, von Kiesbänken gesäumtes Bett strudelte. Der Pfad endete nahe des Ufers, um sich auf der anderen Seite fortzusetzen. Neben ihm stand, auf einem versengten Flecken kahlen Bodens, ein verkohlter Baum. 'Bis hierher und nicht weiter!' schien dieses Zeichen unmißverständlich zu sagen.

Über dem Lagerfeuer brieten sie ein unterwegs erlegtes Kaninchen und aßen es schweigend. Glühende Funken wirbelten aus den Flammen hinauf zu den Sternen und verloschen wieder. Annabellas Blick folgte ihnen, stets damit rechnend, daß ein riesiger, geflügelter Schatten sich über sie senken würde. Ob dies ihre letzte Nacht war? Amadeus, der ihr gegenüber saß, sah sie durch das Feuer hindurch an, griff zu seiner Laute und begann, zu dichten.


"Es sitzt ein wildes Vögelein hoch oben auf dem Ast

Es singt ein herrlich Liedelein, versüßt mir meine Rast

Oh käm sie doch herab zu mir, ich säng mit ihr so gern

Doch fliegt sie fort und flieht vor mir, bleibt unerreichbar fern

… „


Die Nacht blieb ruhig, ohne jedes Zeichen vom Drachen. Im ersten Licht des Morgens streifte Amadeus sein Kettenhemd über, prüfte noch einmal sein Schwert, versuchte sich zu überzeugen, daß die zahlreichen Scharten ohne Bedeutung waren, und weckte Annabella. Sie durchwateten das eisige Wasser des Flusses und begannen, die Warnung am Wegrand nicht achtend, den Aufstieg. Würden sie den Drachen finden oder er sie? Unter welchem Berg, in welcher Schlucht war sein Versteck?

Der Pfad teilte sich, und die beiden Wanderer folgten dem Lauf eines Baches in ein weites Tal. Ein niedergebranntes Gehöft zeigte ihnen, daß sie den richtigen Weg gewählt hatten. Nur allzu oft mußten sie aufs neue raten, welche Richtung sie einschlagen sollten. Erst versuchten sie, den höchsten Gipfeln zuzustreben, aber bald schon blieben diese hinter den hohen Felswänden und den Wipfeln der Tannen verborgen, und Abzählreime mußten zur Entscheidung herhalten.

Sie waren bereits einige Stunden gewandert, als sie sich die erste Rast gönnten. Von einem Felsblock aus bot sich ein prächtiger Blick auf die inzwischen weit unter ihnen liegende Ebene wie auch zu den mächtigen, schneebedeckten Graten vor ihnen. Noch immer waren sie entmutigend fern. Waren sie überhaupt noch auf dem richtigen Weg? Schon wollten die beiden wieder aufbrechen, als Annabella sich ein letztes Mal umsah. Dort hinter ihnen, am Eingang zu einer kleinen Schlucht, die sie nicht einmal bemerkt hatten, stand das verbrannte Skelett eines Baumes.

War es eine neue Warnung oder sogar ein Wegweiser? In diesem Fall wäre der Drache beängstigend selbstsicher. Es erwies sich als ein noch bedrohlicheres Zeichen. In den kahlen, schwarzen Ästen hingen Teile einer verbeulten Rüstung. Ein Brustharnisch, Beinschienen und Panzerhandschuhe waren in den Zweigen verteilt, und eine vielfach geknickte Lanze lehnte, von einem Helm mit versengtem Federbusch gekrönt, am Stamm. Zweifelsohne waren die Stücke so arrangiert worden. Annabella konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, daß der Lindwurm einen sehr speziellen, unangenehmen Humor besaß.

Ritter Amadeus hätte beim Anblick dieser Überreste seines Standesgenossen am liebsten kehrt gemacht. Zögernd starrte er den schmalen Pfad hinauf, an dessen Ende das Verderben lauern mußte. Welcher Teufel hatte ihn geritten, diese Expedition vorzuschlagen? Er hatte sehr wohl etwas zu verlieren, nämlich sein Leben. Doch er wagte nicht, als erster den Rückweg anzutreten. Wie würde er vor Annabella dastehen? So wartete er darauf, daß sie ihn zur Umkehr bitten würde.

Sie tat ihm diesen Gefallen nicht. „Komm, oder willst du hier Wurzeln schlagen?“ rief sie ihm statt dessen zu und betrat den Schatten der Schlucht.

Amadeus seufzte und folgte ihr. Wenn es ihm bestimmt war, gefressen zu werden, so konnte er doch nicht entkommen. Sollte Einfältige und Narren aber tatsächlich unter dem besonderen Schutz der Götter stehen, hatte er vielleicht eine Chance.

Das Rauschen des Baches füllte die Luft und wurde von den Felsen vielfach zurückgeworfen. Wassertropfen perlten von den Moosen neben dem glitschigen Pfad. Immer steiler ging es hinauf, entlang an Wasserfällen und wilden, tosenden Strudeln, über abgestürzte Bäume und trügerischen, rutschigen Schutt. So eng wurde die Klamm, daß abgerutschte Felsen steckengeblieben waren, bevor sie ihren Grund erreichen konnten, und abenteuerliche Tunnel bildeten.

Dann weitete sich das Tal unvermittelt zu einem kahlen, steinigen Kessel. Jeder Schritt der beiden Wanderer hallte nun donnernd zurück. Anschleichen war hier völlig unmöglich. Ritter Amadeus hielt inne und sah sich um.

„Willkommen!“ sagte eine dunkle Stimme, die klang, als komme sie aus den Tiefen des Gesteins.

Die beiden fuhren erschrocken herum und erblickten hinter sich den Drachen. Er ruhte auf einen Felsvorsprung, am Eingang zu einer Höhle. Natürlich hatten sie erwartet, daß er gewachsen war, aber als sie das riesige Tier sahen, wichen sie einen ehrfürchtigen Schritt zurück. Mindestens zwanzig Ellen mußte er messen, und die Spannweite seiner Flügel schien weit größer zu sein. Die Zähne waren spannenlang und scharf, seine Schuppen funkelten rotgolden und metallisch in der Sonne, und ein Kranz nach hinten gerichteter Stacheln säumte seinen Hinterkopf, schützte den Nacken und setzte sich über das Rückrat bis zum Schwanz fort. Er war wunderschön.

„Was wollt ihr, kleine Menschen?“ fragte er gelangweilt und kam langsam auf sie zu.

Alle Worte, die sich Amadeus auf dem Weg zurechtgelegt hatte, waren aus seinem Gedächtnis verschwunden. Verzweifelt suchte er einen guten Anfang, aber sein Kopf war leer. "Schadenersatz!“ brachte er nur hervor.

Die goldenen Augen des Drachen weiteten sich. Zumindest war es Amadeus gelungen, ihn zu überraschen. Die Hand am Schwertknauf, trat er nach vorne und wiederholte seine Forderung.

„Wiedergutmachung für die Verwüstung, die Ihr an Burg Drachenstein angerichtet habt.“ Der Mut der Verzweiflung ließ ihn sprechen, ohne weiter nachzudenken. „Wenn Ihr ausreichenden Ersatz leistet, gleich, ob Gold oder Edelsteine, bin ich bereit, die Sache auf sich beruhen zu lassen.“

Es dauerte einige endlose Sekunden, ehe der Drache antwortete. Dann stieß er ein ohrenbetäubendes Gelächter aus. Steine kullerten von den Hängen, und das Echo tanzte noch eine gute Weile zwischen den Bergen, als das Lachen längst verstummt war.

„Du fordert, du Winzling? Du wagst es, mir zu drohen?“Das Ungeheuer war offensichtlich fassungslos über die dreiste Rede des Ritters. So etwas hatte noch niemand gewagt. " Nun gut, rostiges Ritterchen, ich werde großzügig sein“, fuhr er nach einer weiteren Pause fort. „Ich werde Euch, zum Ausgleich eurer Schäden, einen schnellen und schmerzlosen Tod bereiten. Seid ihr damit zufrieden?“Rauch stieg aus seinen Nüstern auf, als er sich zur vollen Höhe aufrichtete.

Es war an der Zeit, dem Gespräch eine neue Wendung zu geben. Bevor Amadeus eine neue Dummheit begehen konnte, mischte sich Annabella ein. „Gewiß scherzt Ihr, edler Herrscher der Berge. Denn einem hilflosen Bittsteller mit dem Tode zu drohen, das kann Eurer nicht würdig sein. Menschen würden das tun, nicht aber Drachen.“Sie erwartete schon den endgültigen Feuerstoß, aber er blieb aus. Ermutigt sprach sie weiter. „Es freut mich, daß Ihr so gnädig seid, uns anzuhören. Damals, als wir Euch Gastrecht auf Drachenstein gewährten, ist, gewiß ohne Eure Absicht, das Museum eingestürzt“, begann sie die Schilderung des Niedergangs bis hin zur Belagerung durch die Gläubiger. „Und so sind wir nun als bescheidene Gäste zu Euch gekommen, um Eure großherzige Hilfe zu erbitten.“

Noch einmal lachte der Drache, wenn auch leiser als zuvor. „Ich glaube, mich an einen anderen Gang der Dinge erinnern zu können, schöne Dame. War ich nicht unter Eurem Turm gefangen, und war es nicht großzügig genug, Euer Heim nicht niederzubrennen?“

Seine Sicht der Ereignisse war nicht von der Hand zu weisen. Annabella glaubte, ein bitteres Lächeln im starren Gesicht des Drachen zu erkennen. Was sollte sie jetzt entgegnen?

„Wir waren es nicht, die Euch ins Fundament gemauert hatten. Es ist Jahrhunderte her, und wir sind so unschuldige Opfer wie Ihr“, meldete sich Amadeus wieder zu Wort.

Die Augen des Drachen verengten sich zu bedrohlichen Schlitzen. Seine Flügel raschelten, als er sich bewegte und näher kam. Annabella seufzte leise. Warum konnte Amadeus nicht wenigstens den Mund halten, wenn er schon nichts Vernünftiges zu sagen hatte? Er hätte es wenigstens geschickter formulieren können.

„Oh richtig, ich vergaß.“ Die Stimme des Ungeheuers war voller Spott. „Ihr Menschen seid es ja gewohnt, das altes Unrecht zu Recht wird. Aber wir Drachen haben einen anderen Begriff von Zeit, und ein besseres Gedächtnis.

„Aber wie dem auch sei, ich werde Eure armseligen Leben auch jetzt verschonen. Ich habe Verwendung für Euch, wie Ihr damals für mich. Dann sind wir wirklich quitt. Ihr tragt eine Laute, freches Blechmännlein und Ihr könnt gewiß auch singen. Ihr werdet bei mir bleiben und für meine Unterhaltung sorgen. Um Eure Schulden braucht ihr Euch nicht mehr zu kümmern.“

Der Ritter war außer sich vor Wut. Er zog sein Schwert und trat dem Drachen entgegen. „Hüte deine Zunge, du elender Wurm! Ein Ritter von Drachenstein wird niemals Sklave sein!“

„Nun gut. Es steht Euch frei, mein Angebot auszuschlagen.“ Der Drache atmete tief ein.

„Nein!“schrie Annabella. Sie hatte sich ein Stück von Amadeus entfernt und ihren Bogen gespannt. „Wenn Ihr ihn tötet, habt Ihr diesen Pfeil im Auge!“ Ihre Stimme zitterte, aber die Waffe blieb fest auf ihr Ziel gerichtet.

Das Ungeheuer wandte sich ihr langsam zu. „Und wie, wenn ich erst dich röste?“

Sie spürte seinen heißen Atem und wußte, daß sie keine Chance hatte. Ihr Geschoß würde noch in der Luft verglühen. Trotzdem hielt sie den Bogen fest. In verzweifeltem Zorn beschloß sie, nicht aufzugeben. Auch Amadeus ließ sein Schwert nicht sinken. Wenn ihre Mission auch ein Fehlschlag war, würden sie wenigstens würdevoll sterben.

Trotz aller Mühe gelang es ihnen nicht, in diesem Gedanken Trost zu finden.

„Wahrhaftig, Ihr gefallt mir, schöne Dame! Und auch Ihr, Ritter!“ sagte die Donnerstimme des Ungeheuers indes anerkennend. „Wenn ich an Euch Menschen etwas schätze, dann ist es Mut. Schade, daß er meist mit Dummheit gepaart ist. Geht, ich schenke Euch die Freiheit.“

Zögernd standen sie da und starrten den Drachen an. Amadeus erinnerte sich an ein Kaninchen, daß er einmal nach langer Jagd hatte laufen lassen, weil es sogar versucht hatte, ihn zu beißen. Nun waren die Rollen umgekehrt.

„Verschwindet, bevor ich es mir anders überlege!“

Noch lange klang das Gelächter der Lindwurms in ihren Ohren nach. Enttäuscht, erleichtert und überwältigt vom Erlebten machten sie sich auf den langen Heimweg. Es war eine seltsame Mischung der Gefühle. Zwar war es ihnen nicht gelungen, Drachenstein zu retten, aber sie waren dem majestätischsten aller Wesen begegnet, hatten sogar mit ihm gesprochen, und sie hatten überlebt.

Als sie eine Woche später die Burg erblickten, wehte noch immer das Banner mit dem geflügelten Drachen über den Dächern. Martha und Horatio, hungrig und übernächtigt, begrüßten die Heimkehrer voller Hoffnung und Erwartung. Es war schmerzlich, die beiden treuen Diener enttäuschen zu müssen. Am nächsten Tag, so beschloß Amadeus, würde er Drachenstein übergeben.

Niemand sah den Drachen kommen. Er schwebte dicht über die Wälder, und erst dicht hinter der Burg stieg er hinauf, um auf der der Spitze des Turmes zu landen. Vom Lager der Feinde aus wirkte es, als wüchse er direkt aus dem Mauerwerk, als sei das Drachenbanner plötzlich zum Leben erwacht. Er funkelte in der Sonne, als er langsam den Kopf drehte und die Umgebung musterte. Stücke von Zinnen und Brustwehr stürzten hinab in den Hof, wo sich die Burgbewohner versammelt hatten und nach oben schauten. Niemand sprach ein Wort.

Bei den Belagerern herrschte wilde Aufregung. Die Hunde bellten. Alle starrten hoch zur Burg, wo plötzlich dieses seltsame Tier aufgetaucht war. Keiner von ihnen wußte, was das zu bedeuten hatte, aber es störte den geordneten Ablauf des Feldzuges. Auf wessen Seite stand das Ungeheuer überhaupt?

Der Drache hob sein Haupt und spie eine donnernde Flammensäule in den Himmel. Dann breite er sein gewaltigen Schwingen aus und erhob sich in die Luft. Elegant, majestätisch, und doch rasend schnell glitt er hinab über die Mauern der Burg, über die Wälder, und auf das Heerlager zu.

Panik brach aus. Menschen und Pferde rannten durcheinander, rissen die Zelte um, trampelten übereinander und stießen sich zur Seite, um als erste das Weite zu suchen. Schreie gellten, und die Gläubiger wähnten ihr letztes Stündlein geschlagen. Wieder und wieder schoß das Ungeheuer über sie hinweg und wirbelte sie mit dem Wind seines Flügelschlages hilflos umher. Sie sahen in seinen weit geöffneten Rachen, erblickten die Zähne und warteten auf die tödliche Glut. Alle liefen um ihr Leben.

Es dauerte nicht lange, und auch der letzte der Belagerer hatte sich im Wald versteckt. Noch einmal raste der Drache über das verwaiste Lager, und nun spuckte er eine gewaltige Flamme. Die Feuerwand wirbelte vor ihm her, hüllte ihn ein und blieb schließlich hinter ihm zurück. Alles brennbare hatte Feuer gefangen, die Zelte, die Sturmböcke und die Holzvorräte, nichts blieb verschont.

Und mit ihnen verbrannten die Schuldscheine und Hypotheken, die Zahlungsaufforderungen, die Schuldverschreibungen und Belege. Die Drachensteiner standen auf der Mauer und jubelten. Sie waren gerettet.

Der Drache drehte noch eine letzte Runde um die Burg, dann glitt er hoch über den Wäldern gen Osten davon. Annabella und Amadeus sahen ihm mit Tränen in den Augen nach. Immer kleiner schien er zu werden, und bald war das riesige Wesen kaum noch von einem fernen Vogel zu unterscheiden. Dann war er am Horizont verschwunden, und alle glaubten, die Geschichte sei zu Ende.

Sie hatten recht.

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